Was beschäftigte den steirischen Holzcluster 2022 besonders?
Christian Tippelreither: Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie sich heimische Wälder in den kommenden Jahrzehnten verändern und was diese Entwicklung für die Rohstoffversorgungen bedeutet. Damit eng verbunden sind, welche Holzarten zur Verfügung stehen werden und wie sich die verarbeitende Industrie darauf einstellen muss. Zudem möchten wir mit unseren Partner:innen herausfinden, wie moderne Technologie wie z. B. Drohnen, hochmoderne Kamerasysteme oder moderne Prozesssteuerung sinnvoll bei unseren Mitgliedsbetrieben etabliert werden können. Die Potentiale sind definitiv vorhanden.
Warum sind Forschung und Innovation in diesen Zeiten wichtiger denn je?
Christian Tippelreither: Wir befinden uns inmitten vielfältiger Veränderungen. Ob am Energiesektor, aufgrund von Krisen durch Klimaveränderungen und Corona oder der Druck zur Digitalisierung – es prasseln viele externe Einflussfaktoren auf unsere Betriebe ein. Aber auch technologische Weiterentwicklungen wie künstliche Intelligenz fordern uns im positiven Sinne heraus. Da gilt es Betriebe zukunftsfit zu machen.
Welche Bereiche betrifft das im Speziellen?
Christian Tippelreither: Wir haben etwa Forschungsprojekte, die sich mit den Anpassungen des Waldes beschäftigen. Mittels Simulationstechnologien und dank besserer Datengrundlage soll es möglich werden, noch viel zielgerichteter und frühzeitiger Erkenntnisse darüber zu erhalten, wie sich Waldbestände verändern können. Wir wissen dadurch, welche Potentiale und Herausforderungen es für unsere Wertschöpfungskette gibt. Neben dem Forstbereich gilt es auf der Produktseite zu kurbeln, wobei zwei Bereiche maßgeblich sind: Wir müssen die Holzbauprodukte ständig weiterentwickeln, um mehr aus unserem Werkstoff Holz ins fertige Bauprodukt zu bekommen. Und zweitens müssen wir die Wertschöpfung aus einem Festmeter Holz steigern und, als Beispiel dafür, Holz in hochveredelte Produkte in die Mobilitätsbranche bringen.
Welches Projekt des Jahres 2022 macht Sie besonders stolz?
Christian Tippelreither: Wir haben gemeinsam mit wissenschaftlichen Partner:innen rund um die Universität für Bodenkultur in Wien ein Förderprojekt gewonnen, das helfen wird, in Zukunft die gesamte Rohstoffausbeute zu erhöhen. Konkret geht es darum, minderwertige Holzsorten oder Laubholzarten in Mischform oder im Verbund zu Holzbauprodukten wie Brettsperrholz zu verarbeiten. Wir wollen so neue Sortimente im Stoffkreislauf halten und somit langfristig CO2 in Gebäuden speichern, womit wir auch mit neuen Holzarten einen wichtigen Beitrag zur Klimakrise leisten können. Die BOKU ist international für ihre Expertise im Bereich der Werkstofftechnologie bekannt. Das Förderprojekt beschäftigt sich mit Grundlagen der Prozesstechnik. Im nächsten Schritt wird es darum gehen, erste Machbarkeiten zu zeigen sowie in die Konzeptionen und Größenskalierungen zu gehen, damit mittelfristig verwendbare Produkte entstehen. Wir sind in diesem Bereich in vielen Themen Vorreiter.
Eine weitere bedeutende Förderung geschieht über den Waldfonds des Bundesministeriums. Warum ist diese Initiative so erfreulich?
Christian Tippelreither: Es ist für uns enorm wertvoll, dass auch die Politik die Themenfelder der Unternehmen und Wissenschaft aufgreift und in gezielte Innovationsprogramme ummünzt. Das gilt auch für den angesprochenen Waldfonds, der vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ins Leben gerufen wurde. Er ist ein Booster für Forschung und Innovation. Der Bund nimmt 350 Millionen Euro in die Hand, 20 Millionen davon werden bis 2025 allein in den Holzforschungs- und Innovationsbereich fließen. Über diese Initiative ist es uns als Holzcluster Steiermark gelungen, sechs Projekte zu initiieren und mitzugestalten. In Summe reden wir hier von acht Fördermillionen, die in steirischen Beteiligungen rund ums Holzclusternetzwerk zum Einsatz kommen.